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Gesundheitsförderung im Schulsport
- Salutogenese -
 
 
Gesundheitsförderung im Sportunterricht ist mehr als Vermeiden von Risikofaktoren, wie z. B. Bewegungsmangel.
Der Sportpädagoge Prof. Dieter Brodtmann versucht seit Jahren den salutogenetischen Ansatz in seiner Bedeutung für den Sportunterricht zu durchdenken.

"...
Bei allen pädagogischen Überlegungen zur Frage, wie Heranwachsende zu einer gesunden Lebensweise geführt werden können, sollte nicht vergessen werden, dass sich die Entwicklung der jeweils zugrunde liegenden subjektiven Gesundheitsvorstellungen auch im Spannungsfeld partikularer gesellschaftlicher Interessen abspielt, von den vergleichsweise harmlosen wirtschaftlichen Übungen, zur rechten Zeit getan Interessen der Betreiber von Reformhäusern und Fitnessstudios bis zu den Interessen pseudoreligiöser Vereinigungen, die sich ihre Opfer mit dem Versprechen der Hilfe zu einer gesunden Lebensführung mittels Gehirnwäsche gefügig machen. Dies ernstgenommen, dürfen auch alle (sport)pädagogischen Bemühungen um die Vermittlung der für eine gesunde Lebensweise wichtigen Kompetenzen und Einstellungen nicht losgelöst von der grundlegenden Einsicht erfolgen, dass es zuallererst darum gehen muss, die jungen Menschen in ihren personalen Ressourcen zu stärken und dadurch ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber psychischer Manipulation unter dem Vorwand «Gesundheitsförderung» zu erhöhen.
 

Inhaltliche und methodische Prioritäten im Schulsport
Versuche, salutogenetisch begründete Einsichten zur Bedeutung der «personalen Ressourcen» in veränderte Prioritäten des Schulsports umzusetzen, werden häufig auf Schwierigkeiten stoßen, die sich aus den Sinnperspektiven ergeben, unter denen Sport in der Schule jeweils vermittelt und betrieben wird. Solche Schwierigkeiten liegen insbesondere nahe, wenn bei der Auswahl der Inhalte, Themen, Methoden und Organisationsformen des Schulsports die Sinnperspektiven «Überbietung/Gegeneinander» ungebrochen dominieren. Ein gesundheitsförderlich ausgerichteter Schulsport muss sich notwendig in Formen des Umgangs mit Leistungsanforderungen, Leistungsvergleichen und Konkurrenz äußern, die nicht zu dauerhaften Beeinträchtigungen der gesundheitlichen Befindlichkeit immer wieder derselben Schülerinnen und Schüler führen. Allerdings gilt auch hierbei, dass unter dem Aspekt der Gesundheitserziehung letztlich entscheidend ist, dass solche Veränderungen
nicht nur durch die Lehrkräfte in den Schulsport eingebracht werden, sondern dass sie so weit wie möglich von den Schülerinnen und Schülern selbst als Ausdruck verarbeiteter Erfahrungen, Erlebnisse und Wahrnehmungen entwickelt werden.

Gesundheitsförderung als Entwicklung und Stabilisierung personaler Ressourcen stützt sich auch auf die Vermittlung von gesundheitsrelevanten Fähigkeiten, Einsichten und Kenntnissen. Die Erwartung, im Blick auf seine Gesundheit selbst etwas bewirken zu können (Selbstwirksamkeitserwartung), und die Überzeugung, Kontrolle über gesundheitlich problematische Situationen behalten zu können (Kontrollüberzeugungen), aber auch die Sicherheit, soziale Beziehungen knüpfen und aktivieren zu können, setzen einen hinreichenden Fundus an entsprechenden Kompetenzen voraus.
 

Potentielle Inhalte eines gesundheitsförderlichen Schulsports sind unter dieser Perspektive dann aber nicht nur jene traditionell immer schon mit dem Thema «Gesundheit» in Verbindung gebrachten Kompetenzen wie etwa die Fähigkeit zum Pulsmessen und zum richtigen Interpretieren der gemessenen Werte oder die Fähigkeit, sich selbst körperlich trainieren zu können. Wichtiger, weil grundlegender als solche vor allem kognitiven Kompetenzen zum Körpertraining sind die Fähigkeiten zur Körperwahrnehmung, das heißt die Sensibilität für den eigenen Körper in unterschiedlichen Lagen und Spannungszuständen und für seine Reaktionen auf Be- und Entlastung .... Im Erwerb solcher Sensibilität werden gesundheitsbedeutsame Zusammenhänge jeden Körpertrainings elementar begriffen. Außerdem kann eine entsprechend gestaltete Förderung der Sensibilität für den eigenen Körper dazu beitragen, dass die Heranwachsenden jene elementaren Fähigkeiten zum Genießen erwerben, die heute als Schutzfaktor angesichts gesundheitlicher Gefährdungen durch suchterzeugende Genußmittel gelten...."

Aus :
D. Brodtmann: Gesundheitsförderung im Schulsport, In "Sportpädagogik" 3/98, S. 24f.


Hier werden die Thesen umfassender dargestellt:

"Was hält Kids gesund?"
Neues Denken über Gesundheit und eine gesundheitsfördernde Praxis
von Bewegung und Sport für Kinder und Jugendliche.
(von D. Brodtmann)