Die funktionale Ablaufanalyse bei Göhner

 
Der Bewegungswissenschaftler Göhner hat das Phasenmodell von Meinel weiterentwickelt und ist dabei besonders
auf die Funktionalität einzelner Bewegungsabschnitte eingegangen.

GÖHNER ... beginnt nicht mit der Festlegung bestimmter Funktionsstrukturen oder verschiedener Phasentypen.
Diese ergeben sich vielmehr erst als Ergebnis seiner Bewegungsanalysen. Ausgangspunkt ist für ihn die Definition eines grundlegenden Analyseelements, das er als Funktionsphase bezeichnet.
 
"Unter einem funktionalen Verlaufsabschnitt bzw. unter einer Funktionsphase soll jener Geschehensabschnitt eines Bewegungsablaufs verstanden werden, für den sich aufzeigen lässt, dass das, was während dieses Geschehens vom Bewegersystem ausgeführt wird, eine bestimmte Funktion hat - im Hinblick auf die mit der Bewegung zu erreichenden Bewegungsziele und die dabei einzuhaltenden Bedingungen."


Felgrolle am Boden  |  Hüftumschwung  |  Handball - Schlagwurf | Handball Sprungwurf
U. Göhner: Wie sich sportliche Bewegungen analysieren und strukturieren lassen

Hat man die Funktionsphasen einer Bewegung erkannt, dann ergeben diese kein beliebiges Gebilde, sondern sind in sich geordnet. Zwischen ihnen können funktionale Abhängigkeitsbeziehungen bestehen, die GÖHNER als Grundlage für ihre Klassifizierung heranzieht.

Grob betrachtet, gibt es dabei zunächst einmal zwei Möglichkeiten: 
Ein Bewegungsabschnitt kann entweder funktional abhängig von einem anderen oder funktional unabhängig sein. 
Als funktional abhängig ist eine Phase dann zu bezeichnen, wenn ihre Funktion nur dadurch beschrieben werden kann, dass auf eine weitere Funktionsphase Bezug genommen wird. Bei funktional unabhängigen Abschnitten ist es dagegen nicht notwendig, andere Phasen zur Funktionsbeschreibung heranzuziehen. Ihre Bedeutung ergibt sich allein aus den Bezugsgrundlagen, insbesondere aus den vorgegebenen Bewegungszielen.

Beispiele für funktional unabhängige Phasen sind das Überqueren der Latte beim Hochsprung, die Phase des Ballkontakts beim Tennisschlag oder die Flugphase bei einer Saltobewegung. 

Der Anlauf zum Sprung und das Ausholen zum Schlag haben dagegen eine vorbereitende Funktion (Erreichen einer möglichst guten Ausgangsposition) für andere Geschehensabschnitte und sind daher als funktional abhängig einzuordnen.

Auf Grund der Einführung der funktionalen Abhängigkeitsbeziehungen ergeben sich also zunächst einmal zwei Phasentypen. Für die funktional unabhängigen Abschnitte wählt GÖHNER den Begriff Hauptfunktionsphase während er für die funktional abhängigen Abschnitte den Begriff Hilfsfunktionsphase verwendet. 
Dabei wird im Gegensatz zu den Gliederungen von MEINEL nicht behauptet, dass alle (azyklischen) Techniken im Sport bzw. Gerätturnen eine gleiche Funktionsstruktur besitzen.

Hinsichtlich der Hauptfunktionsphase lässt sich z. B. nur ableiten, dass es mindestens eine solche in jedem Bewegungsablauf geben muss. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass

  • Bewegungsabläufe mehr als eine Hauptfunktionsphase besitzen (Jazzgymnastik, Jazztanz)
  • Hauptfunktionsphasen sich in einigen Fällen erst aus der Überlagerung von (mindestens) zwei voneinander abhängigen Funktionsphasen ergeben (Skidrehen und Skikanten)

  • und Hauptfunktionsphasen sich bei Modifikationen der Bezugsgrundlagen verändern können (Stützüberschlag rw kann einmal selbständiger Bewegungsablauf sein und einmal als Vorbewegung z. B. zum Salto rw dienen)...

 
 
Funktionsstruktur (im Sinne GÖHNERs) des
Handball-Sprungwurfs 
Auch die Anordnung der Hilfsfunktionsphasen ist nicht bei allen sportlichen Bewegungen gleich. Unter Beachtung der Zeitfolge kommt GÖHNER zu einer Typisierung der funktionalen Abhängigkeiten. 

Er unterscheidet zwischen vorbereitenden, unterstützenden und überleitenden Abschnitten, je nachdem, ob bei der Kennzeichnung der Funktion der entsprechenden Phasen auf nachfolgende, zugleich ablaufende oder bereits abgelaufene Funktionsphasen Bezug genommen wird.

Die Hilfsphasen lassen sich weiterhin in solche erster, zweiter und höherer Ordnung unterteilen, in  Abhängigkeit davon, ob ihre Hilfe der Hauptphase gilt oder der ersten, zweiten usw. Hilfsphase, die dem Hauptabschnitt vorangeht oder nachfolgt.

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